Sie liebt den Kontakt zu den Patienten, vor allem aber die –
damals noch manuelle – Auswertung der Blutwerte*. Mit dem Mikroskop zählt sie
die Thrombozyten, Erythrozyten und „Leukos“ aus und informiert die behandelnden
Ärzte.
In Omis Labor sieht es immer „wie geleckt“ aus, wie sie
selbst sagt. Ein oder zwei Mäuse, ausrangiert von der medizinischen Forschung,
leisten ihr und ihren Mitarbeiterinnen in den Spät- und Nachtschichten
Gesellschaft. Und ein großes Bonbon-Glas
in der Nähe des Fensters ist immer randvoll mit leckeren Süßigkeiten gefüllt.
Soweit, so gut. Doch Omis Untersuchungsdrang macht leider
auch vor den eigenen Enkeln nicht halt. Von Zeit zu Zeit geht’s zu Omi ins
Labor. Vor dem Pieks in den Finger haben wir furchtbare Angst. Danach die große Erkenntnis: Wie immer alles in bester Ordnung.
Auch um die Unversehrtheit unserer Zähne macht sich Omi
Sorgen. Und so sammelt sie Süßigkeiten ein, noch bevor wir sie in
Sicherheit bringen können. „Fürs Labor“, sagt sie dann.
Wenn wir Glück haben, können wir mit ihr verhandeln. Dann
suchen wir die Süßigkeiten aus, die wir am meisten mögen. Der Rest geht an Omi.
Heute, längst erwachsen, fragen wir uns, ob sich im Labor wohl jemals
irgendjemand gewundert hat, dass das Bonbon-Glas stets so reichlich gefüllt war?
* Omi ist inzwischen 93. Mit Altersdiabetes misst sie täglich mehrfach ihren Blutzuckerspiegel. Und hat daran sichtlich Vergnügen. "Wahrscheinlich, weil das mal mein Beruf war", sagt sie, wenn man sie fragt.
* Omi ist inzwischen 93. Mit Altersdiabetes misst sie täglich mehrfach ihren Blutzuckerspiegel. Und hat daran sichtlich Vergnügen. "Wahrscheinlich, weil das mal mein Beruf war", sagt sie, wenn man sie fragt.
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