Fritzi, das Wintergoldhähnchen

Ich treffe Fritzi auf dem Weg ins Büro. Der kleine Vogel sitzt bewegungslos am Fuß des Erlanger Rathauses, einem verglasten Hochhaus. 

Im Büro überkommt mich das schlechte Gewissen. Was, wenn der kleine Piepmatz jemandem entflogen ist? Ausgestattet mit einem Karton gehe ich zurück und siehe da, Fritzi sitzt noch immer am selben Fleck. Fast ohne Gegenwehr lässt er sich von mir in den Karton bugsieren. 

Kollege Michael kennt sich aus mit Vögeln, vor allem südamerikanischen Papageien. Fachmännisch greift er in den Karton und holt den Winzling heraus. „Vielleicht ein asiatischer Fink“, meint er.

Ein Anruf beim Tierheim hilft mir nicht weiter. Keiner da, der den Vogel abholen könnte. Also bleibt er erst einmal im dunklen Karton. Ab und an poltert er herum. Er scheint von Stunde zu Stunde fitter zu werden.

Kollegin Daniela bietet sich als Chauffeur an und so kommt Fritzi ins Tierheim. „Ganz sicher bin ich mir nicht“, sagt die Mitarbeiterin, „aber es könnte ein Wintergoldhähnchen sein. Sieht man ganz selten bei uns in den Städten, denn die leben in Nadelwäldern.“ Zur Sicherheit wird Fritzi schnell gegoogelt. Und siehe da: Er ist in der Tat ein Wintergoldhähnchen.

Auch auf die Tierheim-Mitarbeiterin macht Fritzi einen top-fitten Eindruck. In seiner neuen Zwangsunterkunft, einem Plexiglaskäfig, dreht er förmlich durch, so dass sie ihn vor unseren Augen in die Freiheit entlässt.

Bleibt zu hoffen, dass er sich – als sogenannter Teilzugvogel – in Erlangen den Winter über gut einrichtet und im nächsten Frühjahr wieder sicher in seine Heimat Skandinavien zurückkehrt.

Seit der Aktion bin ich im Büro übrigens der Held. Und den Namen Fritzi hat der Vogel nicht von mir, sondern von meinen Kolleginnen bekommen. Wer mehr über den kleinsten Vogel Europas mit faszinierenden Eigenschaften wissen will, der lese nach bei Wikipedia. 

"Eine Handvoll Wintergoldhähnen" in Wien 
(Foto von der Webseite: http://www.wildtierhilfe-wien.at/das-wintergoldhaehnchen-koenig-der-voegel/wintergoldhaehnchen-2/)